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UNESCO

Die Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde in Kladruby nad Labem

wurde am 10. 7. 2019 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Das entschied das Welterbekomitee bei seiner Sitzung in Baku in Aserbaidschan.

Geschichte der Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes

Grundlage für die erfolgreiche Aufnahme war das Jahr 1995, als das Gestüt mit der Stammherde der Altkladruber Pferde zum Kulturdenkmal erklärt wurde. Im Jahr 2002 wurde das Gestüt auf die höchste Schutzstufe in der Tschechischen Republik, ein nationales Kulturdenkmal, erhoben. Das Gestüt überwand damit eine gewisse Zeit der Suche nach einer neuen Identität, als es nicht mehr als produktiver landwirtschaftlicher Betrieb, sondern als bedeutendes Kulturerbe betrachtet wurde. In die Tentativliste wurde das Denkmal 2007 aufgenommen. Die intensivste Phase der Vorbereitung der Nominierung begann dann im Jahr 2015, als die Landschaft von Kladruby nad Labem zur Denkmalzone erklärt, anschließend der Denkmalrat gegründet und vor allem zwischen 2016–2019 die komplette Nominierungsdokumentation vorbereitet wurde. Diese wurde am 29. Januar 2018 in Paris übergeben. Dieser Handlung ging ein Besuch der Bewertungskommission des UNESCO-Welterbekomitees an den Tagen 30-31. August 2018 voraus. Der Bericht dieser Kommission, an dem auch Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, des Kulturministeriums, des Nationalen Denkmalinstitutes und anderer interessierter Stellen, einschließlich lokaler Verwaltungen teilnahmen, diente als Grundlage für die Entscheidung in der Sitzung des Welterbekomitees, die im Sommer 2019 in Baku in Aserbaidschan stattfand. Der eigentliche Tag der Aufnahme ist der 10. Juli 2019 bei der 43. Sitzung des Welterbekomitees.

Die Landschaft befindet sich in der Region Mittel-Elbeland, in der geologischen und wirtschaftlichen Formation des Elbelandes. Die geologischen und morphologischen Eigenschaften des Gebiets erleichterten die Pferdezucht und trugen zur Bildung einer einzigartigen Landschaftskomposition bei, die für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde bestimmt war.
Bereits im Mittelalter siedelten sich Menschen in dieser Region an. Nach 1491 wurde Kladruby nad Labem von den Herren von Pernstein verwaltet, die dort ein Gehege gründeten. Die Herrschaft Pardubitz einschließlich des Geheges wurde 1560 im Auftrag des Monarchen von der Böhmischen Königskammer (Verwaltungsbehörde des Königreichs Böhmen) gekauft.
1563 gründete dort Maximilian II. (HRR) ein Gestüt und am 6. März 1579 wurde es von seinem Nachfolger, Kaiser Rudolf II., zum Hofgestüt ernannt. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts spezialisierte sich das Gestüt in enger Interaktion mit der umgebenden Landschaft auf die Zucht zeremonieller Wagenpferde Typ Galacarrossier, ausschließlich für den Bedarf des kaiserlichen Hofes.
Die in diesem Gebiet befindlichen historischen Höfe sind noch heute aktiv und stellen funktionale Brennpunkte der einzigartigen Landschaft dar. 

Wichtige Daten und Meilensteine

  1. 1995

    Erklärung des Kladruber Gestüts einschließlich der Stammherde der Altkladruber Pferde schwarzer und weißer Farbe zum Kulturerbe

  2. 1. 1. 2002

    Erklärung des historischen Areals des Gestüts Kladruby nad Labem einschließlich der Stammherde der Kladruber Schimmel zum nationalen Kulturerbe

  3. 29. 5. 2007

    Aufnahme in die Tentativliste der UNESCO-Welterbestätten 

  4. 2010

    Managementplan des Nationalgestüts in Kladruby nad Labem erstellt

  5. 2015

    Abschluss des Projektes „Erneuerung von Teilen des nationalen Kulturdenkmals Gestüt in Kladruby nad Labem“ (IOP)

  6. 16. 12. 2015

    Erklärung des Nationalgestüts Kladruby nad Labem zur Denkmalzone 

  7. 1. 5. 2016

    Aufnahme der lokalen Landschaft als Schutzgebiet der Europäischen Union in das Natura-2000-Netzwerk 

  8. 9. 6. 2016

    Gründung des Denkmalrates Kulturlandschaft des Gestüts Kladruby nad Labem 

  9. 25.-26. 5. 2017

    Internationale Konferenz Schutz der Kulturlandschaft in Kladruby nad Labem 

  10. 27. 9. 2017

    Feierliche Unterzeichnung des Entwurfs der Nominierungsdokumentation Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde in Kladruby nad Labem und Aufnahme in die Liste des UNESCO-Welterbes

  11. 12. 1. 2018

    Gemeinsame Erklärung der Vertreter der interessierten Gemeinden zur Unterstützung der Nominierung auf die Liste des UNESCO-Welterbes

  12. 29. 1. 2018

    Offizielle Übergabe der Nominierungsdokumentation Landschaft für die Zucht und Ausbildung von zeremoniellen Kutschenpferden in Kladruby nad Labem an das UNESCO-Welterbezentrum in Paris

  13. 19. 6. 2018

    Gründung des Rates der Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde in Kladruby nad Labem durch die Minister für Landwirtschaft, Kultur und Umwelt 

  14. 30.-31. 8. 2018

    Expertenmission der UNESCO in Kladruby nad Labem

  15. 24. 11. 2018

    Behandlung der Nominierung bei ICOMOS in Paris

  16. 10. 7. 2019

    Aufnahme der Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde in Kladruby nad Labem in die Liste des UNESCO-Welterbes

  17. 2020

    Erweiterung der Buffer-Zone 

  18. 2021

    Erstellung eines neuen Managementplans

Außergewöhnlicher Weltwert (OUV)

Die Stätte ist eine seltene Synthese zweier Landschaftskategorien: Einerseits ist es eine Landschaft, die sich bis heute organisch weiterentwickelt und ihre Hauptfunktion erfüllt, aber es ist auch eine von Menschen bewusst gestaltete und geschaffene Landschaft und ein einzigartiges Beispiel der speziellen Ornamental Farm – ferme ornée – die sich auf die Zucht zeremonieller Wagenpferde konzentriert. Diese Synthese basiert auf der Tatsache, dass die lebendige und sich entwickelnde Landschaft mit einer klaren Zuchtfunktion aus zwei Teilen besteht. Jeder von ihnen basiert auf seinen eigenen Bedingungen und obwohl die beiden Teile miteinander kontrastieren, sind sie auch eng miteinander verbunden. Die formale Anordnung der Weidenlandschaft (in Anlehnung an die Prinzipien der französischen klassizistischen Gärten mit zurückhaltender und gemäßigter Hofarchitektur, mit einer unauffälligen Struktur der Sitze und Skulpturen, die wichtige Orte akzentuieren) wird durch einen romantischen malerischen Landschaftspark ergänzt, in dem die Prinzipien der perspektiven Illusionsmalerei genutzt werden, um malerische Szenerien hervorzurufen, angereichert mit einer großen Artenvielfalt an hier wachsenden Bäumen. Die Landschaft ist ein lebendiges Zeugnis der formativen Einflüsse auf die Gestaltung der Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde. Es gibt deutlich sichtbare funktionale Komponenten der Landschaftsanordnung (Achsen, Wege, Alleen, Wasserläufe, symmetrische Gebäude und Verbindungen zwischen diesen Komponenten), die ein hervorragendes Beispiel für die kreative Anwendung der Kompositionsprinzipien des André Le Notra (französischer formaler Garten) bei der Gestaltung einer für spezifische Zwecke bestimmten Landschaft sind. Die Stätte ist auch insofern einzigartig, dass zu der Zeit, als er umgestaltet wurde (gemäß den Prinzipien der französischen formalen Gartengestaltung), diese Prinzipien in der übrigen Welt bereits aufgegeben wurden. Diese späte Anwendung der Prinzipien André Le Notra belegt ihre Lebensfähigkeit und ist ein Beweis für den konservativen Geschmack des Hauptkunden, des kaiserlichen Hofes, der diese Landschaftsumgestaltung in Auftrag gab. Die Landschaft spiegelt somit das Niveau anerkannter kultureller Normen der Zeit wider. Bei der Gestaltung des Landschaftsparks Maschnitz wurden die Prinzipien der englischen Landschaftsgestaltung auf äußerst erfinderische Weise angewendet, mit dem Ziel, eine Landschaftsszenerie zu schaffen, die auf einheimischen sowie eingeführten Zierbaumarten und auf der Anwendung der Kompositionsprinzipien der perspektiven Illusionsmalerei begründet ist. Basierend auf einer breiten Farbpalette der ausgewählten Bäume und Sträucher wurden bildhafte räumliche Illusionen und Effekte erzeugt. Die wunderschöne Szenerie spiegelt sich in den Altarmen, den letzten Überbleibseln der Elbmäander, wider. Auf den Weiden verteilte Baum -Clumps, die ursprünglich durch klassizistische Kompositionen definiert wurden, sind ein weiteres Zeugnis dafür, dass die Landschaft von der englischen Landschaftsgestaltung beeinflusst wurde. 
Diese kreative Kombination der Prinzipien der französischen und englischen Landschaftsgestaltung, ihre Vereinigung im Landschaftspark an einem Ort mit primär wirtschaftlicher Funktion brachte diese bemerkenswerte Komposition hervor. Diese beiden Faktoren haben die Landschaft für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde einzigartig gemacht. 

Ein einzigartiger Ansatz zur funktionalen Nutzung der Landschaft wird durch die Mittel der Landschaftskomposition selbst zum Ausdruck gebracht. Der Ausgangspunkt der kompositorischen Hauptachsen des klassizistischen Teils der Landschaft liegt in der gewölbten Durchfahrt, die zu den Hauptstallungen des Hofes in Kladruby nad Labem führt, und nicht vor der Schlossfassade, wie es bei anderen vergleichbaren Gestüten üblich ist. Die Nutzfunktion der Landschaft wird auch in der Struktur der Massen und der Anordnung der Hofgebäude in Kladruby nad Labem dargestellt, wo die architektonische Form des Schlosses, in dem die kaiserliche Familie während der Besuche residierte, nicht nur visuell (verdeckt hinter einer Baumreihe), sondern auch absolut – sie ist niedriger als der Eingangsstallflügel – unterdrückt wurde. Auch das Kirchenschiff der Kirche St. Wenzel und Leopold überragt nicht die Gebäude des Stallhofes. Eine solche Akzentuierung der rein wirtschaftlichen Funktion der Landschaft durch architektonische Elemente und Landschaftsgestaltung ist sehr ungewöhnlich, insbesondere wenn es sich um den Sitz eines Mitglieds der gesellschaftlichen Elite handelt.

  Die Landschaft trägt zweifellos alle wesentlichen Attribute ihres dauerhaften einzigartigen Zweckes – der Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde, und entwickelte sich nach und nach zur höchsten ästhetischen Form, die ihre kaiserliche Bedeutung und Funktion widerspiegelt, was zu einem außergewöhnlichen Typ einer speziellen Ornamental Farm (ferme ornée) führte.  Dank ihrer Funktion war die Landschaft über vier Jahrhunderte der Geschichte europäischer Zivilisation eng mit den höchsten Ebenen der gesellschaftlichen Hierarchie verbunden. Aus globaler Sicht stellt es ein einzigartiges und umfassendes Beispiel für Reitkultur in Europa dar, insbesondere im Hinblick auf die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde. 

Kriterium (IV)

Die Stätte ist ein welteinzigartiges Beispiel für eine Landschaft, die während ihrer mehrhundertjährigen Entwicklung durch eine bewusste Landschaftskomposition sorgfältig kultiviert wurde, in der die Prinzipien des französischen klassizistischen Gartens und der englischen Landschaftsgestaltung verbunden wurden, um eine perfekte Umgebung für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde zu schaffen. Die Landschaft veranschaulicht eine wichtige Zeit in der modernen europäischen Geschichte, als die gesellschaftlichen Eliten diese einzigartige Pferdezucht unterstützten und bewunderten. Im Falle der nominierten Landschaft wurde diese Elite durch das Haus Habsburg vertreten. Daher war die Landschaft in der Geschichte der europäischen Zivilisation über vier Jahrhunderte sehr eng mit den höchsten Ebenen der gesellschaftlichen Hierarchie verbunden. Aus globaler Sicht repräsentiert sie ein einzigartiges und umfassendes Beispiel für die Entwicklung der Reitkultur in Europa über einen Zeitraum von vier Jahrhunderten, insbesondere im Hinblick auf die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde.

Kriterium (V)

Die Stätte ist ein perfektes Beispiel für die traditionelle Nutzung der Landschaft, die weltweit letzte ihrer Art, für die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde Typ Galacarrossier. Es stellt eine historische Etappe dar, die mit dem Barock beginnt, als die Landschaft bewusst strukturiert und genutzt wurde, um die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Eliten zufrieden zu stellen, die ihre privilegierte Stellung in prächtigen Zeremonien mit Pferden Typ Galacarrossier demonstrierten. Die Zucht und Dressur dieser Pferde erfolgte seit Jahrhunderten in diesem Gestüt in enger Interaktion mit der natürlichen Umgebung: das günstige Klima, die Hydrologie, der Boden und die Vegetation dieser Gegend waren so Schlüsselfaktoren für die wirtschaftliche Selbstversorgung der Landschaft, die für die Zucht und Ausbildung zeremonieller Wagenpferde von der Geburt bis zum Abschluss der Ausbildung so erforderlich sind. Die Zucht und Dressur zeremonieller Wagenpferde und die Pflege der dazugehörigen Landschaft waren rationeller Lebensunterhalt für die lokalen Anwohner.  

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